Einen kleinen Wohnsitz im Binnenland zu haben, die Möglichkeit, die Flüsse und Wasserstraßen Europas bereisen zu können und der Wunsch, nicht unter fremden Dach zu leben. Das waren unsere Beweggründe für unsere Motoryacht ANGELA K.
Die Voraussetzungen
Folgende Anforderungen bildeten die Grundlage unserer Suche nach einer geeigneten Motoryacht für die Binnenreviere:
- Stahlschiff, rund 12 bis 15 Meter lang
- Seegängig genug, um eventuell auch kleine Salzwasser-Übersetzer bei ruhigem Wetter machen zu können
- Abmaße, um möglichst viele europäische Wasserstraßen fahren zu können (vor allem Durchfahrtshöhen und Wassertiefen)
- Zwei Dieselmotoren. Einerseits, um redundant zu sein, andererseits, um notfalls einen Motor gegen E-Antrieb wechseln zu können (und dennoch einen starken Diesel zu haben), falls uns die Gesetzgebung jemals dazu zwingen sollte
- Motorraum muss gut zugänglich sein
- Isolierter Aufbau und Rumpf über der Wasserlinie, bestenfalls zusätzlich doppelverglaste Fensterflächen
- Beheizter Innensteuerstand
- Gemütlicher Wohnbereich, damit wir das Boot als „Tinyhome“ nützen können: mit abgetrenntem Schlafzimmer, Dusche mit Warmwasser und Platz für eine Waschmaschine, einer Küche mit Esstisch, Platz für ein Sofa und ein kleines Büro
- Zentralheizung
- Große Außenfläche mit Außensteuerstand, Platz für Außentisch und Platz für Fahrräder oder Motorräder auf Deck (oder unter Deck)

Die Suche
Bei der Suche haben wir reparaturbedürftige Yachten mit einbezogen. Allerdings mit der Aussicht, kein neues „Komplettprojekt“ zu starten.
Ein überschaubarer Reparaturaufwand (zum Beispiel Schweißarbeiten und überschaubare Rostarbeiten, Sandstrahl- und Lackarbeiten, Verbesserung der Isolierung, Einbau einer Zentralheizung, teilweiser Einbau von Inneneinrichtung, Decksanierung…) war uns wie immer kein Problem.
Anfänglich konzentrierten wir uns auf ehemalige Behördenboote und alte Arbeitskutter. Handfeste Boote treffen unseren Geschmack einfach besser als schicke Yachten.
Doch waren diese Boote in der Regel nur mit einem Motor ausgestattet. Dieser eine Motor war dafür in vielen Fällen so groß und kraftvoll, dass er nicht nur das halbe Boot ausfüllte, sondern auch in seinem Verbrauch imponierte.

Der Fund
Dann überraschten wir uns selbst: mit AGGEWARS – einer hochwertigen, klassischen und schicken Motoryacht.
Sie ist eine DD-Yacht 1250, in hochwertigster Qualitätsarbeit aus 5mm Schiffsbaustahl innen und außen geschweißt, mit einer 10mm Bodenplatte, Spanten und Bodenwrangen. Die Decksaufbauten aus 4mm Schiffsbaustahl, alle Scheuerpunkte sind aus Nirosterstahl geschweißt.

Der originale, hochwertige Tischlerausbau aus Mahagoni wurde viele Jahre gepflegt und ist zum größten Teil noch sehr gut erhalten.
Die Yacht macht auf uns den Eindruck, einer feinen alten Dame mit sehr viel Charakter, an der aber die Zeit nicht ganz spurlos vorbeigegangen ist.
Die Probleme der Yacht kommen von oben: ein kaputtes Teakdeck hat zu offensichtlichen Durchrostungen auf Deck und damit wiederholt zu Regenwasser im Schiff geführt.
Das Teakdeck muss schleunigst entfernt und das Stahldeck restauriert werden. Der entstandene Flugrost in den Bilgen muss entfernt, Hölzer mit Wasserschaden an den Aufbauten müssen ausgewechselt werden.
Einige Fenster gehören neu abgedichtet und die Isolierung muss nachgebessert werden. Die Elektrik benötigt eine Überarbeitung. Alles in allem also ein Arbeitsaufwand, den wir gut einschätzen und selbst erledigen.

Die technischen Daten der Yacht
- Länge: 13,10 m (inklusive Badeplattform)
- Breite: 4,10 m
- Tiefgang: 1,20 m
- Durchfahrtshöhe: 2,65 m mit geklappten Flybridgescheiben
- Verdrängung: 12,5 to

- Bauweise: nach Lloyd´s Richtlinien, seegängig
- Unter Deck 5 und 10 mm Schiffsbaustahl, auf Deck 4 mm
- Wellenabrisskante vom Vorsteven bis zirka mittschiffs (wenig Spritzwasser auf Deck)
- Solide Stevenrohre mit starken Hacken als Schraubenschutz
- Doppelwandige Ruderblätter

- Motoren: 2 x Volvo Penta TAMD40A, 108 kW (148 PS), Zweikreiskühlungen und Wendegetrieben
- Bugstrahler (derzeit nicht Einsatzbereit)
- Dieseltank: 1800 l

- Trinkwassertank: 800 l
- Warmwasseranlage, Druckwasser, elektrisch
- Gasherd
- Kühlschrank
- Autotherm 9 kW Dieselstandheizung
- Zusätzlich wasserführende Zentralheizung Holzofen (wird später für Reisen gegen Dieselofen ausgetauscht)

Die Geschichte
1983 gebaut von der deutschen Werft Drettman, war die Yacht lange Jahre das Liebkind ihres dritten Eigners, eines ehemaligen Kapitäns der Handelsmarine.
Unter den Namen AGGEWARS brachte sie den Eigner und seine Frau viele Jahre und viele Kilometer über die Flüsse und Wasserstraßen Europas, wobei das Ausmaß der Reisen vielleicht später im hohen Alter sich ein wenig mit dem Seemannsgarn des alten Kapitäns vermischte.
Aber wer weiß das schon so genau. Sicher ist unumstritten, dass AGGEWARS Europa besser kennt, als Jürgen und ich zusammen.

Irgendwann überschritt der Pflegeaufwand der Yacht den mittlerweile alt gewordenen Eigner trotz der Tatkräftigen Unterstützung von Tochter und Schwiegersohn.
Mittlerweile wurden nötige Arbeiten bei einer Werft in Auftrag gegeben und die Kosten der Erhaltung stiegen. Dann kam der Kostenvoranschlag für die Sanierung des kaputten Teakdeck, der sich auf ungefähr 50.000 Euro belief. Im stolzen Alter von 94 Jahre ware es dem Eigner unmöglich geworden, die Yacht noch selbst zu nützen.

Damit wurde beschlossen, die Yacht zu einem sehr fairen Preis zu verkaufen – dem gängigen Wert dieses Yachttypes abzüglich der voraussichtlichen Reparaturkosten.
Wir wurden uns mit den sehr fairen und ehrlichen Voreignern sofort handelseinig und durften die Yacht sogar noch etliche Monate in ihrer Obhut lassen.
Im Frühjahr 2024 fuhren wir die Motoryacht auf eigenen Kiel nach Österreich und erledigten die nötigen Reparaturen.

Der neue Name
Eigentlich taufen wir Yachten nicht um und so planten wir ursprünglich auch, den Namen AGGEWARS zu behalten.
Doch stellte sich heraus, dass die Bedeutung des Namens (aus dem Petuhtantendeusch oder Flensburger Platt) so etwas wie „Überforderung, Tohuwabohu, Aufwand und Stress“ bedeutet. Doch mit Tohuwabohu sollte es vorerst für die Yacht vorbei sein.

Deshalb überprüften wir ehemalige Namen der Yacht. Ihr erster Name lautete APHRODITE, später wurde sie in ANGELA umgetauft. Und damit viel unsere Entscheidung leicht:
Gute Kutter wurden früher stets nach besonderen Familienangehörigen benannt. Eine ganz besondere Frau in unserer Familie hieß Angela: Unsere Geli-Oma. Ihr zu Ehren haben wir den Namen ANGELA ein wenig personalisiert, wir haben unsere feine alte Motoryacht, unser sympathisches Binnenschifferl, auf den Namen ANGELA K registriert.
Liebe Kirchbergers, wir freuen uns sehr, dass die Aggewars – nun Angela K. – bei euch in so guten Händen ist! Der alte Kapitän hätte sich sehr gefreut. Er hat in der Tat viel Seemannsgarn verzapft, aber Europas Flüsse, soweit sie schiffbar sind, haben er und seine Frau tatsächlich alle befahren. Wir wünschen euch von Herzen, dass euch das Flusskisterl ein schönes Heim sein wird. Auf neue Bilder vom Innenausbau freuen wir uns schon. Ganz liebe Grüße von Tochter und Schwiegersohn vom alten Kapitän (wir nennen ihn den Klabautermann-Vater). Wir haben viele schöne Zeiten auf dem Schiff verbracht.
Hallo ihr beiden, die vielen Flussreisen eures „Klabautermann-Vaters“ bleiben auf jeden Fall unser Vorbild und wir werden noch einiges mit dem Schiff erleben. Derzeit steht sie aber noch an Land, da wir derzeit noch mit unserem Segelboot unterwegs sind. Deshalb dauert es noch ein wenig mit besseren Fotos, aber spätestens im Herbst werden wir welche machen… Wir wünschen euch auch mit eurem neuen Boot viel Freude und viele schöne Zeiten an Bord!
Hallo,
Bin Onkel von Kirsten und Stepah. Habe vergeblich versucht, euer Newsletter zu abonieren. Ihr dürft mir ruhig eure Aktualisierungen per Mail schicken. Auch wir (in Flensburg) haben Marine- und Segelvegangenheit. solltet ihr im hohen Norden Deutschlands Kontakte benötigen, können wir ggf. unterstützen. Wie wär’s mal.mit einem Auftritt im hiesigen Schifffahrtsmuseum beste Grüße
Peter Reitner
Hallo Peter, tut mir leid, wenn das mit dem Newsletter nicht gleich geklappt hat. Aber ich füge dich natürlich gerne in die Liste ein und freue mich, dir unsere kleinen Mails schicken zu dürfen. Danke für das Angebot auf Unterstützung, ich bin mir sicher, wir kommen nach Flensburg wieder mal zurück (hatten unser Segelboot eine Zeit lang im Stadthafen festgemacht). Und ein Auftritt im Schifffahrtsmuseum wäre toll, lass uns per mail darüber sprechen! Liebe Grüße, Claudia