Endlich Muscheln! Zwar sind wir schon eine ganze Weile in Norwegen, aber bisher hat’s einfach nicht so ganz gepasst: zu viel Verkehr oder Algen im Uferwasser. Keine Muscheln in Sicht oder die offizielle Gebietswarnung „Blåskjell: ikke spis“ – also „Miesmuscheln: nicht essen“.
Und dann endlich. Festgemacht am Steg im kleinen Naturreservat Røstøya entdecke ich sofort die Trauben an Miesmuscheln, die am Steg hängen. Es ist ein neuer Steg, mit schwarzen PE-Tanks als Schwimmkörper.

Diese schwarzen, runden Schwimmer sind ziemlich normal hier, sind sie doch besonders widerstandsfähig und werden auch für den Bau von Aquakulturen verwendet. Und ganz nebenbei sind sie lebensmittelecht. Und das ist mir natürlich in Anbetracht der schönen Miesmuscheln ziemlich wichtig.
Immerhin ist die erste Regel beim Muschelsammeln, sie nur dort zu sammeln, wo sie sauber wachsen können.
Soweit so gut. Was also sagen die Norweger dazu? Heute ist Freitag, da kommen wöchentlich die neuen Überprüfungen und Warnungen raus. Also rein ins Internet und ein kurzer Blick auf die Karte:
https://www.mattilsynet.no/mat-og-drikke/forbrukere/blaskjellvarsel

Ich suche die nächstgelegene Messstation auf der Übersichtskarte und freu mich angesichts des grünen Hackens:
„Blåskjell: kan spises“ – „Miesmuscheln: können gegessen werden“.
Also, Pütz schnappen und zurück am Steg. Die Miesmuscheln hier sind noch nicht besonders groß. Klar, der Steg sieht einfach viel zu neu aus, dass er alte Muschelbänke beheimaten könnte. Aber das macht nichts, muss ich eben ein paar mehr sammeln.



Das Sammeln selbst geht einfach. Die Muscheln sind gerade am Wasserfiltern und stehen offen. Ich sammle nur jene Muscheln, die nach ein oder zwei Stupser von meinen Fingern sofort ihre Schalen schließen. Frischer und lebendiger geht nicht.
Jürgen hat in der Zwischenzeit die Pütz halbvoll mit frischem Meerwasser gefüllt. Ich schmeiß die gesammelten Muscheln rein und nach wenigen Minuten öffnen sie ihre Schalen wieder.
Auf Deck geht’s ans Putzen. Mit Bürste und Meerwasser wird jede einzelne Muschel geschrubbt. Immerhin will ich sie direkt in der Suppe kochen. Zum Schluss reiße ich ihnen noch die Bärte aus. Wer will schon einen Bart in der Suppe?



Ab in die Pantry. Heute haben wir Lust auf Chowder, auch wenn der Speck dazu fehlt. Also Zwiebel hacken und rösten, Erdäpfel schälen und würfeln. Kurz mit den Zwiebeln anbraten, anschließend den Topf halbvoll mit Suppe füllen und Deckel zu.
Da ich den Dampfdrucktopf benütze, dauert es nicht lange, bis die Erdäpfelwürfel weich sind. Also Druck ablassen, Deckel auf und jetzt kommen die kochfertigen Miesmuscheln rein. Aber nur diejenigen, die immer noch störrisch ihre Schalen schließen, sobald ich anklopfe.

Es dauert nur ein bis zwei Minuten, bis die Muscheln in der Suppe ihre Schalen geöffnet haben. Nun noch etwas würzen – Pfeffer, Chili, ein klein bisschen Curry passt ebenfalls – und mit UTH-Rahm verfeinern. Notfalls geht auch Milch oder Milchpulver und etwas Butter.

Von gestern Mittag sind noch drei Semmelknödel da, deshalb gibt’s heute kein frisches Brot zum Chowder.
Mahlzeit!
Ach ja, und sollte eine Muschel ihre Schale beim Kochen doch nicht geöffnet haben, so wird diese Muschel nicht gegessen. Sicher ist sicher…

Abends stolpere ich über das vermeintlich einfachste Muschelrezept der Welt von Dr. Catch. „Eclade de moules“ – Muscheln unter Piniennadeln gegrillt. Sehr spannend – und dann noch mit so einer feschen Anleitung! Danke, Dr. Catch.
Das gibt’s beim nächsten großen Muschelsammeln. Versprochen!