Ein Leuchtturm alleine ist wie ein Stück Weg, das aus dem Straßennetz gerissen wurde. In Verbindung mit allen anderen Leuchttürmen entlang seiner Küste wird er zum unverkennbaren Wegweiser, der mit seinem Licht vor den Felsen der Küste warnt und mit seiner Kennung jedem Schiffer zeigt, wo er sich befindet.
Er ist ein Symbol des menschlichen Unternehmensgeistes, alt wie die Schifffahrt, älter wie manche Kulturen. Ein Wahrzeichen für jeden Schiffer. Ein Sinnbild für jeden Romantiker. Er krallt sich am Ende des Landes fest, steht erhaben auf den äußern Klippen der Küste und trotzt sowohl den Naturgewalten wie auch der Physik.
Heute weiß ich auch ohne sein Licht, wo wir uns gerade befinden. Brauche, wenn alles seine gewohnten Wege geht, sein Licht genauso wenig, wie ein Autofahrer mit Navi-Programm am Bildschirm noch ein Straßenschild benötigt.
Und dennoch spähe ich in gespannter Erwartung in die Dunkelheit. Bin glücklich, sobald ich sein Licht entdecke und zähle die Sekunden, sobald ich sein Blinken ausmachen kann. Er ist wie ein alter, guter Freund. Stets der erste, der mich an seiner Küste willkommen heißt. Ein Leitstrahl, der mich zurück zum Leben auf festen Boden leitet.
An vielen Küsten ist er alleine gelassen worden. Automatisiert. Das Haus des Leuchtturmwärter ist verlassen oder verkauft, wird da und dort als Ferienhaus genützt. Und doch wird er bewundert, besucht, fotografiert.
Oft ist er nur schwer zugänglich, warnt er doch vor gefährlichen Küsten, vor Felsen im Meer. Dann verfügt er über keinen sicheren Hafen, keine geschützte Ankerbucht. Was für ein Glück aber, wenn er an einer freundlichen Küste steht, wenn er besucht werden kann. Dann zieht es auch mich zu seinem Ufer ran. Dann will auch ich in aus der Nähe bestaunen. Bei Tageslicht, und in der Dämmerung.

Bei leicht böigem Wind umrunden wir Eigerøy Fyr.
Wir passieren vorsichtig die schmale Einfahrt zwischen den Felsen der Schäreninsel. Dann ist das Wasser ruhig, ein Schild warnt in einer Seite der Bucht vor einem Unterwasserkabel.
Langsam laufen wir tiefer in den Nautasund. Übersehen fast einen Unterwasserfelsen, der mit einer kleinen Fischerboje markiert ist. Dampfen vorsichtig durch eine Engstelle und sind zufrieden mit der rundum geschützten Ankerbucht, die wir vorfinden. Der Anker rauscht aus, setzt sich, wird eingefahren. Ich stelle den Motor aus, wir sind angekommen.

Eigerøy Fyr ist der erste Gusseiserne Leuchtturm Norwegens.
Wir lassen das Dingi am geschützten Anleger des ehemaligen Wärterhäuschens und spazieren Hoch zum Fyr, zum Leuchtturm.
Angeliefert in vorgefertigten und nummerierten Platten und ausgekleidet in seinem Inneren mit Ziegelsteinen trägt er dreißig Meter über den Felsen seine rotierende Fresnel-Linse und leuchtet seit fast schon zwei Jahrhunderten sein Licht. Sauber gestrichen in rot-weiß-rotem Lackkleid darf er bewundert werden als wichtiger Teil der Lichterkette entlang der norwegischen Nordseeküste.
Wir verbringen Stunden beim Leuchtturm. Klettern über die Felsen in seinem Umfeld, treiben ein paar Schafe vor uns her und wärmen uns auf den lauwarmen Felsen in der Sonne.
Wir suchen die besten Spots um ihn gebührend auf unseren Fotos zu verewigen und freuen uns wie die kleinen Kinder, als endlich sein Licht angeht und von unseren Kameras eingefangen wird. Im blauen Licht der späten Stunden haben wir endlich das Foto im Kasten, auf das wir gewartet haben. Zufrieden tapsen wir im Halbdunklen über die Felsen zurück zum Beiboot. Jetzt wird eine Tasse Tee an Bord zum krönenden Abschluss eines schönen Tags in Norwegen!
