Der Strich durch die Rechnung

„Es ist gut, dass La Belle endlich bei der Werft liegt und heuer noch aus dem Wasser kommt.“ So dachten wir zumindest Anfang März dieses Jahres, nachdem wir La Belle Epoque in einem kurzen Segelausflug von Flensburg nach Barth brachten. Ohne zu ahnen, dass dieser kleine Segeltörn der größte Fehler unseres heurigen Jahres werden sollte!

Es war ein Fehler, mit dem Boot in Deutschland zu bleiben. Und es war ein noch größerer Fehler, das Boot ausgerechnet nach Mecklenburg Vorpommern zu segeln. Und so sitze ich an Land vor meinem Rechner und versuche, meine Enttäuschung in Worte zu fassen. Aber es fällt mir schwer, darüber zu schreiben, denn ich kann es immer noch kaum glauben, dass wir unsere Freiheit so einfach abgegeben haben.

Wir können nur noch zwischen den wenigen Optionen, die uns geblieben sind, wählen: Das Boot für heuer zu vergessen und hoffen, dass es nächstes Jahr besser wird, uns zu einer Impfung anmelden, oder, mit dem Boot bei einer Hauruck-Aktion aus Deutschland abzuhauen.

Aber zunächst bleibt das Abhauen eine Theorie. Mecklenburg Vorpommern hat die Grenzen dicht gemacht. Wir dürfen nicht zum Schiff. Egal, ob wir müssen oder nicht. Das gilt vorerst bis Mitte Juni. 

Was danach passiert ist unklar. Vermutlich müssen wir geimpft oder genesen sein, oder wir müssen alle drei Tage zum Test gehen.

Das mit dem Impfen klappt so nicht. Selbst wenn wir wollten, würde es bei derzeitigen österreichischen Impfplan viel zu lange dauern, bis wir „vollständig immunisiert“ wären. Von dem abgesehen – wir wollen nicht! Ich weigere mich nach wie vor, von nun an alle halben Jahre eine Impfung, die ich nicht benötige, in meinen Körper jagen zu lassen.

Die Chance, innerhalb der nächsten Zeit den Status der „Genesenen“ zu erhalten, ist vernichtend gering. Immerhin ist mir persönlich kein einziger der derzeit 35 Coronakranken in unserem Bezirk bekannt. Und zwischen 30.817 Menschen, die hier im Bezirk leben, einen der 35 Kranken zu finden und mich dann auch noch anzustecken, scheint doch ein eher schwieriges Unterfangen. Außerdem fällt es mir schwer, zu glauben, dass ich mittlerweile krank werden muss, um freisein zu dürfen.

Mir alle drei Tage einen Stab in die Nase stoßen zu lassen und mich in Zukunft laufend mit einer Nebenhöhlenenzündung zu plagen, macht noch weniger Sinn. Und so blöd das klingt, sprechen auch unsere finanziellen Überlegungen gegen diese Möglichkeit. Bei den derzeitig 20 Euro, die ein Test pro Ausländer in MV kostet, sprechen wir immerhin von 120 Euro für uns beide pro Woche – und damit von knapp 500 Euro pro Monat zusätzliche Ausgaben. Und wir rechnen mit mindestens zwei bis drei Monate Werftzeit!

Damit scheint ein längerer Werftaufenthalt in Barth in diesem Sommer reine Utopie. Weshalb uns realistisch gesehen nur zwei Möglichkeiten bleiben:

Die eine Möglichkeit wäre, sobald wir dürfen, also frühestens Mitte Juni, nach Mecklenburg Vorpommern zu fahren, die Muscheln von La Belle Epoques Rumpf kratzen und ihre Steuerung zu reparieren. Um anschließend so schnell als möglich auf der Suche nach einer geeigneten Werft nach Holland zu segeln. Wenn wir Glück haben, könnten wir heuer noch alle Arbeiten an La Belle Epoque schaffen um das kommende Jahr endlich wieder aufzubrechen. Da wir allerdings sowohl Ende Juli als auch im September nach Österreich müssen, könnte es knapp werden. 

Oder, wir vergessen das Ganze und nützen die Zwangspause zum Camperreisen. Vorausgesetzt, die Werft in Barth hat Platz für unser Boot bis nächsten Sommer. 

Vielleicht ist diese Möglichkeit ja sogar eine Gelegenheit. Denn Hand aufs Herz, sobald La Belle Epoque wieder in besten Wartungszustand und bereit fürs nächste Abenteuer ist, werden wir kaum mit unserem „Roten Blitz“ über die Landschaft zuckeln. Dann wird uns nichts davor zurückhalten können, wieder in See zu stechen und alle Ideen vom „Überlandreisen“ werden in den Hintergrund rutschen.

Allerdings ist die Entscheidung zur Campingreise waghalsig. Wir riskieren dabei, dass La Belle Epoque noch weiter runterkommt. Dann wird es noch schwieriger, falls der Zirkus von vorne losgeht. 

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10 Kommentare

  1. Christine Bogdain

    Macht das Beste aus der Situation und nützt euren Bus. Der liegt ja sonst auch nur rum. Ich weiß es ist leicht gesagt wenn man unterwegs ist und kaum Einschränkungen hat, aber die Zeiten werden sich wieder bessern.
    Liebe Grüße Christine und Thomas

    • Ihr Lieben, wir freuen uns immer wieder von euch die Bilder und Videos aus dem Hohen Norden zu sehen. Das bringt uns hier mitten im Binnenland regelmäßig zum Träumen! Und mit eurer Radtour letztes Jahr habt ihr ja gezeigt, dass es Spaß macht, seine eigenen Pläne auch mal kurzfristig zu ändern. Euch noch eine schöne Zeit und liebe Grüße, Claudia und Jürgen

  2. Hallo ihr Lieben
    Ach das hört sich alles nicht toll an. Wir kennen dies vom letzten Jahr. Wir mussten 10 Monate warte bis wir wieder bei unserem geliebten DUBU waren und unsere Freiheit wieder zurück hatten.
    Haltet durch und bleibt bei euren Vorhaben. Irgendwann öffnet sich eine Tür und ihr kommt voran. Wir drücken euch fest die Daumen und senden euch liebe Grüsse us Utah.
    Claudia und Thomy

  3. Hey Ihr!
    Ist das vielleicht „jammern auf höchstem Niveau“??
    Neben Euch gibt es tausende Segler die keine Eurer drei Wahlmögluchkeiten haben! 3 Monate, lächerlich, wir warten schon 1,5 Jahre um zu unseren Booten zu kommen!
    Seglerische Grüße Hermann

  4. Hi,
    als auch von der Landesregierung Mecklenburg Vorpommern geschädigter habe ich noch eine Anmerkung.
    Solange Ihr nicht aus einem Virusvariantengebiet oder Risikogebiet einreist könnt Ihr als Bootsbesitzer mit einem Liegeplatz in MV ab dem 7. Juni wieder einreisen.
    Eine Durchreise durch MV ist, soweit mir bekannt, auch jetzt schon möglich. Hierzu gehört auch eine Überführung in ein anderes Bundesland oder besser gleich in ein anderen Staat.
    In MV zu bleiben ist sicher keine Option da die Landesregierung sicher auch weiterhin versuchen wird den Schaden für „Auswärtige“ zu maximieren. Wir sind dort offensichtlich unerwünscht und sollten dem Bundesland fern bleiben!
    Grüße
    Frank

  5. schorsch galfé

    Hi, habt ihr schon mal überlegt, euer Boot ins benachbarte Polen zu verlegen und dort refitten zu lassen?

    • Hallo Schorsch, wir wollen Polen auf jeden Fall noch besuchen und ja, auch haben wir bei der Suche nach einer Werft Polen in Erwägung gezogen. Die Arbeiten am Boot machen wir allerdings selbst, egal, in welchem Land wir sind. Aber bei der Suche nach einer Werft haben wir dann diese in Barth gefunden und uns dafür entschieden. Hier dürfen wir selbst arbeiten, der Preis passt, die Menschen scheinen nett und Stahlarbeiten sind nicht verpönt. Und mittlerweile haben wir auch die Info von der Werft, dass wir voraussichtlich Mitte Juni endlich zum Schifferl kommen können und mit unserer Arbeit beginnen. Damit heißt es für uns jetzt noch abwarten und weitersehen…

  6. Hallo Claudia und Jürgen!

    Warum lässt Ihr Euch nicht impfen? Es ist ja herrlich an der Grenze (oder auch in den Gaststätten) nur den Impfpass vorzuzeigen. Ich bin schon seit 22. Mai fast täglich bei meinem Katamaran in Tschechien und habe inzwischen schon den Unterwasseranstrich erledigt. Am 1. Juni werde ich erstmals segeln.

    Ein baldiges problemloses Reisen zu Eurem Schiff
    wünschT Euch

    Justus

  7. Wolfgang Pfannes

    Herzliche Grüße aus Würzburg und weiterhin viele schöne positive Erlebnisse. Natürlich kein Vergleich aber ich hätte mir auch nicht träumen lassen in meinem Alter Probleme zu bekommen wenn ich nicht vor 21:00 von der Straße bin. Da ich zwischenzeitlich Freizeitler (Rentner klingt noch immer sehr ungewohnt) bin hat sich auch mein email-adresse geändert.

  8. Gerald Edlinger,

    Hallo Claudia und Jürgen,
    wo liegt IHR in Barth ? beim Ramin?
    Ich habe mein Boot in Newfoundland ,Can, Sept. 2019 abgestellt und es seitdem nicht mehr gesehen, Ich durfte nicht nach Canada einreisen. Jetzt hoffe ich auf diesen Frühling. Ich würde es nämlich gerne wieder nach Europa segeln, und vorher nach Maine. Aber die Amis geben mir kein Visum für die Einreise per Boot. (Hauptsache ich habe schon 160€ bezahlt, not refundable.) Ohne bürokrat. Ärger war Holland
    / Dänemark und Grönland: Ich hoffe, warte ,daß der Wind sich dreht.

    Gerald , Nanook II, Graz

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