Hustend und mit rauem Hals sitze ich vorm Computer. Und auch wenn es weder toll ist, krank zu sein, noch bei traumhaften Frühlingswetter drinnen zu bleiben – so bin ich trotzdem kribbelig vor Aufregung.
Nachdem Russland kurzerhand unsere längst geplanten Reiseziele über den Haufen geworfen hat, haben wir uns endlich entschieden, wo nun die Reise hingehen soll. Und damit steht fest, dass endlich wieder ein kalter Sommer mit einem großen Ziel vor uns liegt: Die Ostküste Grönlands!
Ich brenne darauf, bald wieder die raue Nordsee, den kalten Nordatlantik unterm Kiel zu finden. Großzügig übersehe ich dabei alle Erinnerungen an Seekrankheit, eisige Zehen und ungemütlichen Herumgestoßen-Werden von der kalten See.
Aber was rede ich den da? Wir werden so bequem segeln, wie noch nie. Zum ersten Mal werden wir unsere Genua per Rollreffanlage setzten und einhohlen. LA BELLE EPOQUE wird mit ihren neuen Segeln und ihrem blanken Unterwasserschiff laufen wie auf Schienen. Außerdem haben wir sie von allem Überflüssigen, dass sich während der letzten 10 Jahre in ihrem Bauch gesammelt hat, befreit. Ihr eine Fastenkur unterzogen, sozusagen. Und das Ersatzteil für unseren Autopiloten wird hoffentlich auch passen und den alten Deppen wieder zum Laufen bringen.
Und auch für die Zehen kann es nicht so schlimm werden, immerhin gabs zu Weihnachten neue lange Unterhosen und viele Paare gestrickte Socken!
Ein großer Teil des Proviants ist bereits eingekocht und wartet darauf, an Bord geschleppt zu werden. Mit vielen Saucen und Suppen, damit wir bei kalten, seekranken Tagen auch ein wenig in die Magen bekommen. Und um die Butter werden wir uns auch keine Sorgen machen müssen, bei den Temperaturen in der Bilge. Wir werden leben wie die Könige!
Ich freue mich darauf, wenn die schroffen Klippen der Færøer Inseln aus den Nebel tauchen, nachdem konfuse Echowellen uns schon längst wissen lassen werden, dass die verwunschenen Inseln nicht mehr weit sein können. Ob wir wohl Olav und seine Frau wieder treffen. Vor vielen Jahren war er es, der den stillgelegten Schlitten einer aufgelassenen Werft wieder in Betrieb nahm, um unsere La Belle aus dem Wasser zu heben und ihr etwas neue Farbe zu gönnen.
Die Weiterreise von den Færøer wird spannend. Wie lange werden wir wohl benötigen, um Island zu erreichen? Wird es uns diesmal gleich an die Nordküste der Insel der Wikinger spülen?
Lange werden wir wohl auch dieses mal nicht auf Island verweilen können. Und so kann es durchaus sein, dass wir unsere Wandertrial-Motorräder, die wir in Zukunft mit an Bord nehmen werden, diesen Sommer doch noch einmal zurück an Land lassen. Das kommt eben auch ein bisschen darauf an, ob wir es schaffen, die Bikes noch rechtzeitig für die Fahrt vorzubereiten. Aber wir werden dieses Jahr ohnehin kaum Zeit finden, mit den Trials Vulkane zu erklimmen. Macht nichts, dann segeln wir eben später nochmal nach Island!
Aber der Sommer im Norden ist kurz, da geht eben nicht alles auf einmal. Und dieses Jahr wollen wir den Sommer schließlich an einer der wildesten und schönsten Küsten verbringen, die sich gegen den Nordatlantik stemmen: die weiße Küste Grönlands.
Da fällt mir ein, wir brauchen noch einen neuen Eis-Pol. Jürgen verzieht das Gesicht bei dem Gedanken. Er hat recht, zu weit dürfen wir diesmal nicht ins Eis fahren. Wir wollen uns ja nicht schon wieder die Farbe am Unterwasserschiff restlos zerkratzen. Eisbrechen abgesagt. Aber im grönländischen Hochsommer werden wir schon ohne großen Lackschaden durchkommen.
Neugierig bin ich, wie es sein wird, nach so vielen Jahren wieder zurück in jenes Land zu reisen, das uns so tief berührt hat. Werden wir an der Ostküste auch ursprüngliche Ankerbuchten finden. Oder wird uns das Eis zwingen, die bekannten Plätze anzulaufen. Werden viele Yachten an der Ostküste unterwegs sein?
Von einer Yacht wissen wir bereits, dass sie dieselben Ziele wie wir anlaufen wird. Und wir werden nach ihr Ausschau halten. Wir werden Ausschau halten, um den Iren Nick mit seiner TEDDY auch wirklich über den Weg zu laufen. Ich freue mich ja jetzt schon, ihn wiederzusehen. Über zehn Jahre ist es her, dass wir Nick in Island kennengelernt haben. Eine Begegnung, die wir allerdings auch in zehn Jahren noch nicht vergessen werden.
Obwohl Nick immer noch auf der Suche nach einem oder zwei weiteren Crewmitgliedern ist, hat er uns bereits über Facebook wissen lassen, dass seine Reise stattfinden wird. Immerhin hat er schon einen guten Seemann gefunden, der seinen Seesack für diesen Sommer im Bauch der TEDDY verstauen wird.
Neu für diese Reise wird für uns allerdings, dass wir den Atlantik noch im selben Jahr auch wieder zurücksegeln werden. Das stresst ein bisschen, zu spät im Jahr dürfen wir uns ja nicht über den Nordatlantik wagen. Denn auf seine Herbststürme bin ich nicht neugierig.
Aber diesmal wollen und müssen wir zurück. Denn auch der nächste Winter an Land verspricht spannend zu werden: Bei unseren Vorträgen in Österreich, unserer Vortragsreihe in der Schweiz und nun gibts sogar schon erste Pläne für Deutschland! Und darauf freuen wir uns jetzt schon!