Irgendwie ging dann alles doch etwas schnell. So genau weiß ich auch nicht mehr, wann und wer von uns eigentlich zum ersten Mal den Gedanken ausgesprochen hat, eine Heckgarage im Campervan haben zu wollen. Die Motorräder am Anhänger nachzuziehen ist eben doch ein kleines Handykap. Außerdem können wir nicht Motorräder und Jolle mitnehmen, wir können ja nicht wie ein Roadtrain mit mehreren Anhängern fahren. Aber das wirkliche Thema bei unserem schönen Spriter Camper-Kastenwagen drehte sich dann doch wieder um unser Boot, um La Belle Epoque.
Wir werden – so Corona wolle – doch kommendes Frühjahr für mehrere Wochen in die Werft gehen. Dort benötigen wir so einiges an Werkzeuge und Material von zuhause. Wie praktisch also wäre ein Kastenwagen, der nicht nur Camper ist, sondern auch Motorradgarage, Werkstattwagen, Lagerraum und Transporter. Wie praktisch wäre also ein Kastenwagen, der als Renntransporter mit eigener Heckgarage ausgebaut ist?
Die Idee reifte. Aber wir haben gerade letzten Winter unseren Sprinter restauriert und rundum erneuert. Wir haben doch gerade erst Gefallen daran gefunden, mit dem Sprinter auf Tour zu gehen. Und trotzdem, ideal ist der bisherige Kastenwagen für uns eben nicht.
Was wäre also, wenn wir eine Verkaufsanzeige für den Sprinter auf „Willhaben“ schalten und uns um einen für uns besser geeigneten Wagen umsehen? Gesagt, getan.
Eine Woche später ist ein herrliches Wochenende für eine Bergtour.
Wir packen ein paar Lebensmittel in den Sprinter und ziehen los. Nach einer Wanderung in Kärnten, einer Fahrt entlang der steirischen Schilcher-Weinstraße und einer Wanderung in der Steiermark parken wir in Judenburg für eine Nacht. Am Morgen klingelt das Telefon. „Kann das sein, dass ihr mit dem Mercedes Sprinter aus Willhaben in der Steiermark steht? Ich bin gerade bei euch vorbeigefahren. Ich würde den Wagen gerne kaufen, können wir uns später treffen?“
Noch am selben Abend ist der Wagen verkauft. Unser kleines Trostpflaster: nach Hause können wir noch mit dem Sprinter fahren. Eine Woche später ist er abgeholt und mit seinen neuen Besitzern unterwegs.
Dann beginnt die große Suche. Mit einigen ausgebauten Kastenwägen, inseriert auf diversen Internetseiten, hatten wir bereits geliebäugelt, doch die Besichtigungstouren führen immer wieder zur herben Enttäuschung. Einer ist schon ohne Motorräder hoffnungslos überladen, der nächste ist viel zu riesig. Dann einer, der sehr gut passt, bis auf die fehlende Dusche. Doch auf die bestehe ich, ein Boot in kalten Regionen ohne Dusche reicht mir aus, ich will nicht auch noch einen duschenlosen Camper für Winterausflüge.
Langsam kann ich Jürgen von der Idee überzeugen, uns selbst einen Kastenwagen auszubauen. Doch auch die Suche nach einem leeren Kastenwagen ist nicht gerade einfach: Zu klein, zu groß, zu viele Kilometer, zu verbeult, zu rostig, zu kaputt, zu teuer. Fast schon eine Suche nach der Stecknadel im Heuhaufen: Ein Kastenwagen mit möglichst wenig Elektronik, nicht weit jenseits 200 0000 Kilometerstand, nicht zu hoch, damit er noch in unsere Werkstätte passt, nicht zu kurz, damit die Motorradgarage hinein passt. Und natürlich nicht zu teuer und ohne massive technische Probleme.
Nahe Wien werden wir fündig: Der Opel Movano von einem Gemüsebauern passt bis auf die vielen Kratzer auf seiner Außenhaut genau zu uns: Knappe hundertausend Kilometer, innen dreckig, aber nicht kaputt, der Laderaum bereits isoliert und mit Aluminium verkleidet, gesunder Motor und Getriebe. Eine defekte Luftfederung und Erde und Dreck im Innenraum halten den Preis am Boden. Ein Händler, der uns den Wagen über der Montagegrube zeigt und der auch mit sich handeln lässt. Und damit steht noch rechtzeitig vorm nächsten Corona-Lockdown das neue Projekt zuhause in der Werkstätte.
Den letzten Tag vor den Ausgangssperren gehts zur wilden Shopping-Tournee: Sperrholzplatten, Baumaterial, Bezugsstoffe, Kühlschrank, und was man alles benötigt muss auf einmal angeschafft werden, ab dann gehts ja nur noch über Internet.
Mittlerweile sind zwei Wochen vergangen, während denen wir von morgens bis abends an unserem Campervan tüfteln und arbeiten. Und einiges ist schon ganz gut entstanden: Eine Motorradgarage mit Bett darüber, die kleine Pantry nimmt Formen an, Drehsitze und eine entfernte Trennwand, eine Dachluke und die Solaranlage. Boden, Wände, Decken sind soweit gemacht und die Dusche ist im Entstehen. Es macht Spaß, wieder gemeinsam an einem Projekt zu arbeiten und die Ideen zu den ersten Winterausflügen mit dem Campervan wachsen …